Verluste
Wie lange irrte er schon durch den Nebel? John schaute auf seine Uhr als er erkannte dass die Zeit anscheinend ihre Bedeutung verloren hatte.
Wo waren Anna und Joseph nur. Diese verdammten Gören, wenn er sie findet, werden sie mindestens eine Woche Hausarrest bekommen, schwor er sich, als er nun etwas gemächlicher den kleinen Waldpfad entlanglief.
Ein entspannter Sommerausflug mit den Kindern hatte seine Frau gesagt. Ein kleines Wochenende das sie mit ihren Freundinnen verbringen könnte.
In Silent Hill wäre es so schön, wie in einem Sommertraum und die Kinder könnten am See herumtollen. Julia hatte neulich ein Werbeprospekt für Silent Hill im Briefkasten gefunden.
PAH, zuerst die mehr als vier Stunden fahrt von Brahms hierher, wobei die Kinder natürlich auch nicht ruhig sein konnten, der Nebel der kurz vor der Stadt plötzlich erschien und dann ist die Zufahrt zu Silent Hill auch noch versperrt.
John schaute sich noch einmal um indem er sich langsam 360° um sich selbst drehte. Langsam schwand die Wut in ihm wieder und die Sorge um seine beiden Kinder kam zurück. Anna war erst neun Jahre alt. Joseph war zwar ein Jahr älter, aber was, zumindest kindliches Verantwortungsbewusstsein betraf, war er noch einige Jahre hinter Anna zurück.
Als die Drei sich auf den kleinen Pfadweg begeben haben, um Silent Hill so zu erreichen, hatten die Kinder vor dem Nebel solche Angst, dass John geglaubt hatte sie würden Vernünftig bei ihm bleiben. Doch liess die Angst der beiden schnell nach und sie tanzten um ihn herum, während sie den Waldweg entlangliefen, und versuchten sich gegenseitig zu fangen.
Einen Moment zu lang kein Auge auf sie gehabt und sie waren verschwunden, schalt er sich selbst und fragte sich, ob er ein Rabenvater sei, dass er nicht einmal auf seine Kinder achten konnte.
Er hob sich die Hand, vor das Gesicht und sah nur die vom Nebel, halb verschwommenen Umrisse dieser. Langsam ging er weiter, den steinernen Pfad entlang, den er unter seinen Füßen noch sehen konnte. Er dachte, so könne er die beiden am besten finden. Zumindest Anna würde sicher auf die gleiche Idee kommen.
In so einem Nebel hätte er besser auf sie achten sollen, warf er sich wieder einmal vor, wie schon so oft in den letzten Minuten. Die beiden hatten sich sicher verirrt und waren starr vor Angst. Er musste sie finden.
Tatsächlich war der Nebel so dick, dass John beinahe gegen ein Eisentor prallte das vor ihm auftauchte. Als Öffnung in einer hüfthohen Mauer, deren Verlauf er nur wenige Zentimeter verfolgen konnte und dessen Weiterführung er nur als dumpfe Schatten wahrnahm.
Er griff behutsam an die Klinke des Tores und öffnete es, wobei es dass von ihm erwartete Knarren von sich gab.
Es war eigentlich wirklich etwas Angsteinflössendes an diesem Ort, nicht das sonnenbeschienene Ferienparadies, dass er sich vorgestellt hatte.
Als er das Tor hinter sich wieder schloss und einige Meter weit gegangen war, da lichtete sich der Nebel, fast wie verkehrt aufgehängter Vorhang vor ihm. Klar, es war immer noch neblig, doch nun konnte er zumindest einige Meter weit deutlich sehen, da sich der Nebel nun mehr in Bodennähe befand.
Er erkannte, dass er sich auf einem Friedhof befand. Viele Grabsteine in verschiedener Größe und manigfaltigem Aussehen waren hier in Reih und Glied aufgestellt. Stehend wie steinerne Statuen bis an die Grenzen der Zeit in der scheinbaren Unendlichkeit dieses Nebels.
Im Hintergrund konnte er die Umrisse einer kleinen Kirche sehen, die wie ein dunkler, schwarzer Wächter über die Statuen wachte.
Er schaute aus dem kleinen, glaslosen Fenster, des kleinen Kirchturms. John war gekommen; seit Ewigkeiten, wie es schien, wartete er nun schon auf diesen Moment, oder vielleicht auch erst seit einigen Minuten. Sie hatten sich früher gekannt, vor vielen Jahren einmal, vor einer Ewigkeit.
Als John zwischen den Reihen der Grabsteine stand, fragte er sich ob er zum Auto zurückgehen sollte. Vielleicht sind die Kinder ja da. Er drehte sich langsam um und ging zum Tor zurück. Er erreichte gerade die letzte Reihe der Grabsteine als er aus dem Augenwinkel etwas sah, etwas Glitzerndes. Er schaute genau hin und tatsächlich glitzerte Etwas inmitten des nebelverhangenen Bodens. Obwohl er sich fragte wie hier, wo die Sonne doch diesen Nebel nur dumpf und unscheinbar durchdrang, etwas glitzern konnte, bewegte er sich auf die Stelle zu und bückte sich nach dem seltsamen Gegenstand.
Es war eine kleine Kette, an deren Ende der kleine, silberne Kopf eines Einhorns hing. Annas Kette, erkannte er erschrocken. Nervös blickte er sich zu allen Seiten um. Sie waren also hier gewesen, sagte er zu sich selbst, als eine Art Schrei, dessen Ursprung er nicht als menschlich, noch als tierisch deklarieren konnte, seinen Blick sich ruckartig auf den Grabstein richten ließ.
BOB HARRISON.
Bob Harrison stand da geschrieben. Ungläubig konnte er seinen Blick nicht mehr von der steinernen Inschrift lösen. Konnte das sein?
Bob war vor mehr als fünfzehn Jahren der damalige Freund seiner jetzigen Frau, Julia, gewesen, der Mutter von Anna und Joseph. John hatte damals mit einigen seiner Freunde zusammen, einige ziemlich derbe Hetzaktionen gegen Bob gestartet und John hatte sich derweil langsam an Julia herangemacht. Schließlich hatte Julia, Bob wegen John verlassen.
Wie es mit Bob weitergegangen war, wusste John nicht, es hatte ihn aber bis jetzt auch nicht groß gekümmert.
Johns Blick wanderte zögernd zu den Daten, die auf dem Grabstein eingemeißelt waren: GESTORBEN 1990.
Das war das Jahr als ich mit Julia zusammenkam, durchfuhr es John und erschrocken taumelte er rückwärts. Er fiel auf den Hintern, konnte sich aber noch rechtzeitig mit den Armen auffangen um zu verhindern, dass er sich ganz flach hinlegte.
Wieder ertönte dieser widernatürliche Schrei und John blickte wie gebannt auf den Rand des Grabsteins. Nicht vom Grabstein war der Schrei gekommen, von etwas dahinter; Etwas das nun lange, spitz zulaufende Krallen am Rande des Steines bewegte. Rote Flüssigkeit lief an ihnen herab. Als dieses Etwas nun hinter dem Stein hervorkam, war es John so, als würde sein Verstand einen Knicks machen. Das war er sah konnte nicht sein, so etwas gab es einfach nicht, außer in schlechten Horrorfilmen. Es wirkte wie ein knapp ein Meter großer Maulwurf der mit überdimensionalen Händen und Klauen ausgestattet war. Doch statt einen Gesichtes, hatte es nur eine schauzähnliche, sich scheinbar bewegende Masse, ohne jegliche Mimik darin.
John wich mit seinen Händen und Füßen rückwärts, bis er an die Rückseite eines anderen Grabsteines stieß. Mit weit offenen Augen und Mund starrte er das Wesen an, dass mit kleinen, langsamen Schritten auf ihn zukam. Der letzte Atem war ihm aus den Lungen gewichen, ohne dass er in der Lage gewesen wäre neue Luft zu holen, als er scharfe Klauen spürte, die sich in seine rechte Schulter bohrte.
Ein gewaltiger Adrenalinstoß ermöglichte es ihm sich sprunghaft aufzurichten, sich von den Klauen zu befreien und einige Meter Abstand zu den Wesen zu gewinnen.
Sein Schrecken wurde noch größer, als er sich umdrehte und nun zwei dieser surrealen Geschöpfe auf sich zukommen sah. John taumelte zurück, Schritt um Schritt, seinen Blick nicht von den sich nähernden Gestalten ablassend können, versuchte sein Verstand dies alles zu erfassen. Doch erfolglos.
Schließlich gelangte er an der Mauer an. Er spürte den Druck, den die Mauer auf einmal auf seine Hüfte ausübte, gar nicht. Doch das Holzbrett, auf dem seine Hand plötzlich ruhte, das spürte er ganz genau. Reflexartig griff er zu. Die beiden Kreaturen waren schon verflucht nahe. John hob schnell, fast schon in Trance, die Holzlatte und schlug zu. Immer und immer wieder, schlug er auf die beiden Geschöpfe ein. Blut nässte seine Kleidung, Knochen hörte er splittern als das Brett auf seine zwei Ziele einkrachte. Nach einer Weile bewegten sich die Wesen nicht mehr. John konnte nicht sagen wie lange es dauerte bis er danach aufhörte, auf die leblosen Körper einzuschlagen.
John schaute sich, wie ein in die Enge gedrängter Hund, in alle Richtungen um. Sah er dort Schatten? Waren die schwarzen Umrisse die er sah alle Monster, die ihn zerfleischen wollten, oder waren es nur die Grabsteine in dem sich wieder steigenden Nebel.
Pure Panik ergriff ihn. Ein erneuter Adrenalinstoß riet ihm nur noch zu fliehen. Er lies angsterfüllt das Brett fallen und lief auf den großen, finsteren Umriss der kleinen Kirche zu. John lies sich nicht mal die Zeit zu kontrollieren, ob die Tür abgeschlossen war. Er stürmte in das Mittelschiff der Kirche, schlug die Tür hinter sich zu und stemmte sich mit dem Rücken gegen diese.
Das war alles nicht möglich, dachte er nur. Was zum Teufel ging hier nur vor? Alle möglichen anderen Fragen schossen ihm noch durch den Kopf, als er plötzlich ein karrendes Geräusch hörte, als ob sich ein Holzbalken unter einem großen Gewicht biegen würde.
Zögernd, fast widerwillig drehte er den Kopf in Richtung des Altarraums und an die, für eine Kirche, niedrigen Decke. Was er dort sah, löste in seinem Verstand ein zweites Knicken aus. Auf einmal akzeptierte sein Bewusstsein dies alles. Auf einmal war er bereit alles was er sah aufzunehmen und als gegeben anzuerkennen. Zu verstehen wie es geschieht spielte plötzlich keine Rolle mehr für ihn. Er lies sich von der Tür gleiten und trat in den Weg zwischen den Bankreihen des Mittelschiffes.
„Bob!“
John schaute auf die Gestalt, die scheinbar ohne Leben, mit einem Strick um den Hals, an einem der Balken der Kirche, direkt vor dem Altarraum hing.
Trotz seiner offensichtlichen Leblosigkeit blickte ihn Bob aus tiefen, schwarzen, vorwurfsvollen Augen an.
„Schön dich wiederzusehen; wie geht es Julia?“ Die Worte von Bob wirkten emotionslos.
„Gut, Bob!“ antwortete John mit fester Stimme, während er einige Schritte mehr das Mittelschiff entlanglief. „Was willst du? Willst du dich rächen, das ich dir Julia weggenommen haben und . . .“
„. . . und mich in den Selbstmord triebst?“ Beendete Bob den Satz für ihn.
„Nein, John, ich bin nur hier damit du mir das geben kannst, was du mir damals genommen hast!“
Das dritte mal machte Johns Verstand einen Knick als er Anfing zu verstehen. Vielleicht war es ein Knick zu viel.
Es ist nicht schön den Verstand zu verlieren. Es ist mehr so eine Art letzten, verzweifelter innerlicher Todesschrei, den der Verstand in seiner Agonie von sich gibt.
„Bob.“,
war das letzte was John dachte, als er hinausrannte zu den leblosen Körpern von Anna und Joseph.
Wie lange irrte er schon durch den Nebel? John schaute auf seine Uhr als er erkannte dass die Zeit anscheinend ihre Bedeutung verloren hatte.
Wo waren Anna und Joseph nur. Diese verdammten Gören, wenn er sie findet, werden sie mindestens eine Woche Hausarrest bekommen, schwor er sich, als er nun etwas gemächlicher den kleinen Waldpfad entlanglief.
Ein entspannter Sommerausflug mit den Kindern hatte seine Frau gesagt. Ein kleines Wochenende das sie mit ihren Freundinnen verbringen könnte.
In Silent Hill wäre es so schön, wie in einem Sommertraum und die Kinder könnten am See herumtollen. Julia hatte neulich ein Werbeprospekt für Silent Hill im Briefkasten gefunden.
PAH, zuerst die mehr als vier Stunden fahrt von Brahms hierher, wobei die Kinder natürlich auch nicht ruhig sein konnten, der Nebel der kurz vor der Stadt plötzlich erschien und dann ist die Zufahrt zu Silent Hill auch noch versperrt.
John schaute sich noch einmal um indem er sich langsam 360° um sich selbst drehte. Langsam schwand die Wut in ihm wieder und die Sorge um seine beiden Kinder kam zurück. Anna war erst neun Jahre alt. Joseph war zwar ein Jahr älter, aber was, zumindest kindliches Verantwortungsbewusstsein betraf, war er noch einige Jahre hinter Anna zurück.
Als die Drei sich auf den kleinen Pfadweg begeben haben, um Silent Hill so zu erreichen, hatten die Kinder vor dem Nebel solche Angst, dass John geglaubt hatte sie würden Vernünftig bei ihm bleiben. Doch liess die Angst der beiden schnell nach und sie tanzten um ihn herum, während sie den Waldweg entlangliefen, und versuchten sich gegenseitig zu fangen.
Einen Moment zu lang kein Auge auf sie gehabt und sie waren verschwunden, schalt er sich selbst und fragte sich, ob er ein Rabenvater sei, dass er nicht einmal auf seine Kinder achten konnte.
Er hob sich die Hand, vor das Gesicht und sah nur die vom Nebel, halb verschwommenen Umrisse dieser. Langsam ging er weiter, den steinernen Pfad entlang, den er unter seinen Füßen noch sehen konnte. Er dachte, so könne er die beiden am besten finden. Zumindest Anna würde sicher auf die gleiche Idee kommen.
In so einem Nebel hätte er besser auf sie achten sollen, warf er sich wieder einmal vor, wie schon so oft in den letzten Minuten. Die beiden hatten sich sicher verirrt und waren starr vor Angst. Er musste sie finden.
Tatsächlich war der Nebel so dick, dass John beinahe gegen ein Eisentor prallte das vor ihm auftauchte. Als Öffnung in einer hüfthohen Mauer, deren Verlauf er nur wenige Zentimeter verfolgen konnte und dessen Weiterführung er nur als dumpfe Schatten wahrnahm.
Er griff behutsam an die Klinke des Tores und öffnete es, wobei es dass von ihm erwartete Knarren von sich gab.
Es war eigentlich wirklich etwas Angsteinflössendes an diesem Ort, nicht das sonnenbeschienene Ferienparadies, dass er sich vorgestellt hatte.
Als er das Tor hinter sich wieder schloss und einige Meter weit gegangen war, da lichtete sich der Nebel, fast wie verkehrt aufgehängter Vorhang vor ihm. Klar, es war immer noch neblig, doch nun konnte er zumindest einige Meter weit deutlich sehen, da sich der Nebel nun mehr in Bodennähe befand.
Er erkannte, dass er sich auf einem Friedhof befand. Viele Grabsteine in verschiedener Größe und manigfaltigem Aussehen waren hier in Reih und Glied aufgestellt. Stehend wie steinerne Statuen bis an die Grenzen der Zeit in der scheinbaren Unendlichkeit dieses Nebels.
Im Hintergrund konnte er die Umrisse einer kleinen Kirche sehen, die wie ein dunkler, schwarzer Wächter über die Statuen wachte.
Er schaute aus dem kleinen, glaslosen Fenster, des kleinen Kirchturms. John war gekommen; seit Ewigkeiten, wie es schien, wartete er nun schon auf diesen Moment, oder vielleicht auch erst seit einigen Minuten. Sie hatten sich früher gekannt, vor vielen Jahren einmal, vor einer Ewigkeit.
Als John zwischen den Reihen der Grabsteine stand, fragte er sich ob er zum Auto zurückgehen sollte. Vielleicht sind die Kinder ja da. Er drehte sich langsam um und ging zum Tor zurück. Er erreichte gerade die letzte Reihe der Grabsteine als er aus dem Augenwinkel etwas sah, etwas Glitzerndes. Er schaute genau hin und tatsächlich glitzerte Etwas inmitten des nebelverhangenen Bodens. Obwohl er sich fragte wie hier, wo die Sonne doch diesen Nebel nur dumpf und unscheinbar durchdrang, etwas glitzern konnte, bewegte er sich auf die Stelle zu und bückte sich nach dem seltsamen Gegenstand.
Es war eine kleine Kette, an deren Ende der kleine, silberne Kopf eines Einhorns hing. Annas Kette, erkannte er erschrocken. Nervös blickte er sich zu allen Seiten um. Sie waren also hier gewesen, sagte er zu sich selbst, als eine Art Schrei, dessen Ursprung er nicht als menschlich, noch als tierisch deklarieren konnte, seinen Blick sich ruckartig auf den Grabstein richten ließ.
BOB HARRISON.
Bob Harrison stand da geschrieben. Ungläubig konnte er seinen Blick nicht mehr von der steinernen Inschrift lösen. Konnte das sein?
Bob war vor mehr als fünfzehn Jahren der damalige Freund seiner jetzigen Frau, Julia, gewesen, der Mutter von Anna und Joseph. John hatte damals mit einigen seiner Freunde zusammen, einige ziemlich derbe Hetzaktionen gegen Bob gestartet und John hatte sich derweil langsam an Julia herangemacht. Schließlich hatte Julia, Bob wegen John verlassen.
Wie es mit Bob weitergegangen war, wusste John nicht, es hatte ihn aber bis jetzt auch nicht groß gekümmert.
Johns Blick wanderte zögernd zu den Daten, die auf dem Grabstein eingemeißelt waren: GESTORBEN 1990.
Das war das Jahr als ich mit Julia zusammenkam, durchfuhr es John und erschrocken taumelte er rückwärts. Er fiel auf den Hintern, konnte sich aber noch rechtzeitig mit den Armen auffangen um zu verhindern, dass er sich ganz flach hinlegte.
Wieder ertönte dieser widernatürliche Schrei und John blickte wie gebannt auf den Rand des Grabsteins. Nicht vom Grabstein war der Schrei gekommen, von etwas dahinter; Etwas das nun lange, spitz zulaufende Krallen am Rande des Steines bewegte. Rote Flüssigkeit lief an ihnen herab. Als dieses Etwas nun hinter dem Stein hervorkam, war es John so, als würde sein Verstand einen Knicks machen. Das war er sah konnte nicht sein, so etwas gab es einfach nicht, außer in schlechten Horrorfilmen. Es wirkte wie ein knapp ein Meter großer Maulwurf der mit überdimensionalen Händen und Klauen ausgestattet war. Doch statt einen Gesichtes, hatte es nur eine schauzähnliche, sich scheinbar bewegende Masse, ohne jegliche Mimik darin.
John wich mit seinen Händen und Füßen rückwärts, bis er an die Rückseite eines anderen Grabsteines stieß. Mit weit offenen Augen und Mund starrte er das Wesen an, dass mit kleinen, langsamen Schritten auf ihn zukam. Der letzte Atem war ihm aus den Lungen gewichen, ohne dass er in der Lage gewesen wäre neue Luft zu holen, als er scharfe Klauen spürte, die sich in seine rechte Schulter bohrte.
Ein gewaltiger Adrenalinstoß ermöglichte es ihm sich sprunghaft aufzurichten, sich von den Klauen zu befreien und einige Meter Abstand zu den Wesen zu gewinnen.
Sein Schrecken wurde noch größer, als er sich umdrehte und nun zwei dieser surrealen Geschöpfe auf sich zukommen sah. John taumelte zurück, Schritt um Schritt, seinen Blick nicht von den sich nähernden Gestalten ablassend können, versuchte sein Verstand dies alles zu erfassen. Doch erfolglos.
Schließlich gelangte er an der Mauer an. Er spürte den Druck, den die Mauer auf einmal auf seine Hüfte ausübte, gar nicht. Doch das Holzbrett, auf dem seine Hand plötzlich ruhte, das spürte er ganz genau. Reflexartig griff er zu. Die beiden Kreaturen waren schon verflucht nahe. John hob schnell, fast schon in Trance, die Holzlatte und schlug zu. Immer und immer wieder, schlug er auf die beiden Geschöpfe ein. Blut nässte seine Kleidung, Knochen hörte er splittern als das Brett auf seine zwei Ziele einkrachte. Nach einer Weile bewegten sich die Wesen nicht mehr. John konnte nicht sagen wie lange es dauerte bis er danach aufhörte, auf die leblosen Körper einzuschlagen.
John schaute sich, wie ein in die Enge gedrängter Hund, in alle Richtungen um. Sah er dort Schatten? Waren die schwarzen Umrisse die er sah alle Monster, die ihn zerfleischen wollten, oder waren es nur die Grabsteine in dem sich wieder steigenden Nebel.
Pure Panik ergriff ihn. Ein erneuter Adrenalinstoß riet ihm nur noch zu fliehen. Er lies angsterfüllt das Brett fallen und lief auf den großen, finsteren Umriss der kleinen Kirche zu. John lies sich nicht mal die Zeit zu kontrollieren, ob die Tür abgeschlossen war. Er stürmte in das Mittelschiff der Kirche, schlug die Tür hinter sich zu und stemmte sich mit dem Rücken gegen diese.
Das war alles nicht möglich, dachte er nur. Was zum Teufel ging hier nur vor? Alle möglichen anderen Fragen schossen ihm noch durch den Kopf, als er plötzlich ein karrendes Geräusch hörte, als ob sich ein Holzbalken unter einem großen Gewicht biegen würde.
Zögernd, fast widerwillig drehte er den Kopf in Richtung des Altarraums und an die, für eine Kirche, niedrigen Decke. Was er dort sah, löste in seinem Verstand ein zweites Knicken aus. Auf einmal akzeptierte sein Bewusstsein dies alles. Auf einmal war er bereit alles was er sah aufzunehmen und als gegeben anzuerkennen. Zu verstehen wie es geschieht spielte plötzlich keine Rolle mehr für ihn. Er lies sich von der Tür gleiten und trat in den Weg zwischen den Bankreihen des Mittelschiffes.
„Bob!“
John schaute auf die Gestalt, die scheinbar ohne Leben, mit einem Strick um den Hals, an einem der Balken der Kirche, direkt vor dem Altarraum hing.
Trotz seiner offensichtlichen Leblosigkeit blickte ihn Bob aus tiefen, schwarzen, vorwurfsvollen Augen an.
„Schön dich wiederzusehen; wie geht es Julia?“ Die Worte von Bob wirkten emotionslos.
„Gut, Bob!“ antwortete John mit fester Stimme, während er einige Schritte mehr das Mittelschiff entlanglief. „Was willst du? Willst du dich rächen, das ich dir Julia weggenommen haben und . . .“
„. . . und mich in den Selbstmord triebst?“ Beendete Bob den Satz für ihn.
„Nein, John, ich bin nur hier damit du mir das geben kannst, was du mir damals genommen hast!“
Das dritte mal machte Johns Verstand einen Knick als er Anfing zu verstehen. Vielleicht war es ein Knick zu viel.
Es ist nicht schön den Verstand zu verlieren. Es ist mehr so eine Art letzten, verzweifelter innerlicher Todesschrei, den der Verstand in seiner Agonie von sich gibt.
„Bob.“,
war das letzte was John dachte, als er hinausrannte zu den leblosen Körpern von Anna und Joseph.