BioShock Infinite

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      BioShock Infinite



      Ich bin durch. Ich sitze immer noch vor dem Bildschirm, meine Stirn in Falten gerunzelt. Ungläubig- Enttäuscht, da die Reise vorbei ist. Befriedigt.
      BioShock Infinite ist seit langem wieder ein 1st Person Spiel, dass nicht durch übertriebene Gewalt oder Non-Stop Action glänzt. Nein, dieses Juwel sticht aus der riesigen Masse and Shootern durch eine traumhafte Story, kluger Erzählstruktur und bravorös ausgearbeiteten Charakteren heraus.

      Ich liebe BioShock 1. Habe aber komischerweise Teil 2 nie gespielt. Vielleicht, weil ich etwas Angst hatte, dass der 2. Teil nicht an den ersten herankommt und so Teil 1 herabsetzen würde. An Infinite habe ich mich wieder herangetraut und ich muss sagen, dass dieser den ersten Teil sogar noch übertrumpht.

      NUR EINE VON VIELEN SPIELEWELTEN ?

      In Infinite übernimmt man die Rolle des ehemaligen Pinkerton Agenten (Streikbrecher) Booker DeWitt. Dieser scheint bei gewissen Herrschaften Schulden zu haben. Um seine Schuld zu tilgen wird ihm ein Handel angeboten: Er soll in der Stadt Columbia das Mädchen Elizabeth finden und es nach New York bringen, dann werden ihm seine Schulden erlassen.

      Was sich zunächst als ein relativ einfacher Auftrag anhört, wird für DeWitt zur extremsten Erfahrung seines Lebens.
      Denn Columbia ist keine normale Stadt: Columbia ist eine Stadt in den Wolken. Sie wurde von den USA zur World Expo gebaut um den Einfallsreichtum und Überlegenheit der Vereinigten Staaten zu zeigen. (Columbia ist der Name der personifizierten USA) Doch griff die Wolkenstadt in den chinisischen Boxeraufstand ein und wurde aus diplomatischen Gründen von den USA fallengelassen.
      Die Bewohner der Stadt, allen vorran der geistige Führer Comstock, sagten sich von den USA frei und verschwanden mit der Stadt im Himmel.

      Comstock, der Columbia wie eine Art Sektenführer führt und von seinen Bewohnern "Prophet" genannt wird, da er scheinbar die Gabe der Vorhersehung hat, hat Elisabeth zudem in einen Turm eingesperrt.

      Als sich Booker durch Columbia schlägt und Elizabeth befreien kann, beginnt das Abenteuer erst wirklich. Zusammen mit dem Mädchen muss man sich einer ganzen Armee stellen und findet auch heraus, dass es sich bei Elisabeth nicht um eine normale Frau handelt. Sie kann Risse zwischen Dimensionen öffnen , um daraus Gegenstände zu holen. Was sich im Spiel als äußerst hilfreich herausstellt: Ist euer Magazin leer, sucht Elisabeth nach Munition; ist eure Lebensenergie kritisch zieht sie ein Medikit aus einem Riss. Im späteren Verlauf kann man diese Risse sogar als Portal benutzten oder Hilfsmittel, wie etwa Geschütze oder Waffen aus den Rissen zaubern. Wobei zaubern ist das falsche Wort. Quantenmechanik eher das richtige.

      Zu allem Überfluss kommt es in Columbia auch zum Bürgerkrieg, da Comstock und die obere Elite Schwarze, Ungläubie und Arme unterdrückt und sie als billige Arbeiter und Sklaven missbraucht.

      Dies erschwert die Flucht aus der Wolkenstadt für das ungleiche Paar und macht ihnen nicht nur einmal einen Strich durch die Rechnung.





      EIN SPIEL UNTER EINER MYRIADE

      Was ist das Besondere an Infinite ? Nun, es lässt sich nicht so einfach greifen, da es ein Zusammenspiel einiger Faktoren ist.

      Zum einen die liebevolle Darstellung. Die comichafte Grafik ist sicherlich nicht jedermanns Sache. Ich finde sie aber passend und stimmig.
      Doch der Detailreichtum und die Stimmung sind einzigartig. Ob Propagandaposter, ein Barbershop-Quartett , die Gespräche der Stadtbewohner oder die zahlreichen Sprachmemos: alles sprüht nur so voll Atmosphäre. Man taucht ein in diese eigene Welt des frühen 20. Jahrhunderts. Man wird von Columbia aufgesogen.
      Zudem wird die Fiktion immer mit historisch korrekten Ereignissen und Verhalten gemischt, was die Atmosphäre nochmal verdichtet. Ob der Klassenkampf, die Unterdrückung von Schwarzen und anderen Randgruppen in den USA des frühen 20. Jahrhunderts... alles wird in die Geschichte eingewoben , behandelt und dem Spieler vor Augen geführt.

      Die Erzählweise: Am Anfang beginnt das Spiel langsam. Man soll sich einleben in dieser bezaubernden Welt. Dann nach und nach entfaltet sich die Geschichte, wie ein Rinnsal, der nach und nach zum Strom wird und den gebannten Spieler mitreisst in das Meer und der Spieler von der finalen Lösung wie von einem Leuchtturmlicht magisch angezoen wird.

      Das Spiel hat genau die richtige Mischung aus Kämpfen, kampflosen Erkundungsbereichen und der Fortführung der Geschichte. Es kommt selten Langeweile auf und hat immer etwas zu tun. Lediglich das Fehlen von Rätseln hat mich etwas enttäuscht, da ich die Knobelspiele in BS 1 sehr mochte. Man jagt nach Silver Eagles um die Waffe aufzurüsten, sucht Sprachmemos, um mehr über die Stadt und die Charaktere zu erfahren oder kämpft sich weiter , zum nächsten Storytrigger.


      Bioshock Infinite Soundtrack - 28 - Will The Circle Be Unbroken (Full Version) - YouTube

      DER KAMPF IST NUR MITTEL ZUM ZWECK

      Eines vorweg: Das, was eigentlich gute Shooter ausmacht, ein ausgeklügeltes Gameplay, ist ganz klar der Schwachpunkt von Infinite.
      Die Kämpfe , auch wenn sie mit der Geschichte verwoben sind, sind nur Mittel zum Zweck. Sie sollen den Spieler kurzweilig unterhalten, bis dieser am richtigen Punkt steht, um der Geschichte weiter zu folgen.

      Die Kämpfe sind zu leicht.
      Es gibt eigentlich bis auf 1-2 Ausnahmen, keine Herausforderungen, da Elizabeth immer die richtige Antwort auf Lager hat. Ist man am Sterben, gibts ein Medi-Kit. Geht die Munition des Raktenwerfers zu Neige, gibts ne neue Ladung aus einem Riss. Ich weiß nicht ob dies aus storytechnischen Gründen so gemacht wurde, um Elizabeth' Macht zu verdeutlichen oder ob man dem Kampf einfach von Haus aus eine untergeordnete Rolle andachte.

      Es gibt keine Innovation. Kein Deckungssystem oder sonstigen Schnickschnack, der heute bei Shootern normal ist. Nur die Sky-Rails, Frachtschienen, die man mit einem Skyhook als Transportmittel verwenden kann, unterscheidet das Kampfsystem von BS 1.


      So wie ich das Spiel gespielt habe, brachten mir die Ausrüstungsgegenstände, die ich gefunden habe, zu 80% gar nix. Dies ist jedoch weniger ein Minuspunkt, als eine Geschmackssache.



      DIE HOLDE MAID IM TURM

      Elizabeth ist ein Phänomen. Noch nie hatte ich einem Spiel einen derart faszinierenden Begleiter. Das liegt wohl zum einen daran, dass die meisten KI Begleiter in Spielen ein nervenaufreibender Klotz am Bein sind, die mehr dumme Sachen machen, als auf eine Kuhhaut gehen und ein eindimensionales Wesen besitzen.
      Elizabeth... sie ist anders. Sie hilft Booker durch ihre Risse, sammelt Geld , Salze und Munition und überreicht sie Booker. Sie ist kein Klotz, sie ist der einizige Grund, warum Booker das Spiel überhaupt überstehen kann.

      Ihr Wesen ist so glaubhaft programmiert und eingefangen. Sie ist wissbegierig, kindlich und doch hochintelligent. Man will sie beschützen , doch einen Augenblick später realisiert man, dass sie es ist, die Booker beschützt. Ihr großen blauen Augen, ihr Design. Alles fügt sich in die angenehmste Reisebegleitung, die ich je in einem Videospiel erlebt habe, zusammen.



      Fazit:

      Ich habe Infinite verschlungen. Ich musste wissen , wie es weitergeht. Man erfährt so viel in diesem Spiel, doch am Ende, vor der großen Auflösung, steht da trotzdem ein großes Fragezeichen, das nach der Entwirrung einem riesigen Ausrufezeichen weicht. Obwohl ich mir lange de Kopf zerbrochen habe, um die Zusammenhäge richtig zu interpretieren, hat mich die Aufösung vom Hocker gehauen. Die Erzählweise ist so clever und verschachtelt, dass man einen 2. Durchlauf braucht um jede Handlung, jede Tat richtig interpretieren zu können. Und selbst dann bleibt noch massig Platz, um eine eigene Sichtweise auf das Spiel und die Geschichte zu haben.

      Ich kann jedem, der gerne eine anspruchsvolle Geschichte in Form eines Videospiels langsam aufdecken will , Infinite ans Herz legen. Ihr werdet voll und ganz auf eure Kosten kommen. Fans von brachialen Actionspielen und gameplayverwöhnte Shooterfans, sollten jedoch gewarnt sein: hier ist Story Trumpf. In diesem Sinne: wir lesen uns ... oder lasen uns.... oder werden uns lesen...



      Are You Afraid of God? No Im Afraid of You - YouTube
      Klasse Review,

      Grade liefen bei mir auch die Credits über die Flimmer Kiste und bin völlig aus dem Häuschen.
      Klasse Spiel, was mal wieder überzeugen kann :)

      Spoiler anzeigen
      Und was auch toll war der kleine Besuch nach Rapture und das optisch am Ende immer noch das Wasser am besten überzeugen kann :troll:

      Aber absolut klasse!
      Sehr geiles Review zu einem sehr geilen Spiel!!!
      Bin so hin und weg von dem Ending - ganz mein Geschmack. Mit dem Game werde ich noch viele, viele interessante Stunden verbringen. In dieser und in den nächsten Welten! :D

      Ich teile übrigens auch deine positiven und negativen Ansichten über das Game vollkommen. Nochmal Kompliment zu diesem tollen, spoilerfreien Review.


      Edit: Mir fällt grad auf, da das Review wirklich spoilerfrei ist und auch keine Spoiler-Tags angebracht sind, sollte man vielleicht einen bestimmten Teil von Byas Post in Spoiler-Tags setzen! :D
      Danke JJ und Bya für die Komplimente ! Ja ist spoilerfrei. Das Review sollen ja auch Leute lesen können , die noch nicht das Vergnügen hatten, Booker und Elizabeth zu begeleiten. Auch wenn ein oder zwei Anspielungen im Text enthalten sind :)

      Ich setze mal die Tags, JJ, obwohls ja kein weltbewegender Spoiler ist. Allerdings gibt es auch interessante Theorien, was diesen kurzen Abschnitt des Spiels betrifft. Doch dazu vielleicht mehr, im Theorien Thread.

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